KTQ® im Pressespiegel
2009/11 - Das Krankenhaus: KTQ® auch für selbstständige Klinikabteilungen
Zertifizierung der Klinik für Orthopädie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Nahezu alle GesundheitseinrichtunÂgen in DeutschÂland sind vom Gesetzgeber aufgefordert, ein QualitätsÂÂmanagementsystem zu implementieren und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Dieser Pflicht sind die Krankenhäuser schon vor Jahren nachgeÂkommen und haben ihre Tore auch schon frühzeitig externen Gutachtern geöffnet. Große Unterstützung leistete dabei das deutÂsche Zertifizierungsverfahren der KoÂoperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen (KTQ® – www. ktq.de), das im Jahr 2002 von Praktikern für den konkreten Einsatz zunächst im Krankenhaus entwickelt wurde. InteÂgraler Bestandteil des Angebots von KTQ® ist die mögliche und freiwillige Fremdbewertung, das heißt ZertifizieÂrung. Bis 2009 galt die Philosophie der KTQ-Gesellschafter, dass sich nur ein gesamtes Haus mit allen Abteilungen und Berufsgruppen als komplettes UnÂternehmen einer Fremdbegutachtung unterziehen kann. Die Zertifizierung von Abteilungen, wie sie zum Beispiel bei der DIN EN ISO möglich ist, wurde klar abgelehnt. Hier hat es im Verlauf der letzten beiden Jahre eine interesÂsante Neuentwicklung gegeben, die das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus mit der Klinik und Poliklinik für OrthoÂpädie initiierte.
Bereits 2003 startete Klinikdirektor Prof. Dr. Klaus-Peter Günther mit seinen Mitarbeitern mit der Einführung eines Qualitätsmanagementsystems. Als nutzÂbringendes Instrument wurde der kranÂkenhausspezifische Bewertungskatalog des Zertifizierungsverfahrens KTQ® geÂnutzt und als hilfreich eingeschätzt. Obwohl die KTQ-Philosophie zum daÂmaligen Zeitpunkt strikt auf die Zertifizierung einer Gesamteinrichtung ausgeÂrichtet und ein offizielles QualitätsÂsiegel für die Klinik und Poliklinik für OrthoÂpädie zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich war, entschied sich die KlinikÂleitung für diesen Weg. In den folgenden Jahren erfuhr das etablierte QualitätsÂmanagementsystem eine kontinuierliÂche Weiterentwicklung: Es wurden weÂsentliche Prozesse analysiert und neu gestaltet, Patienten- und EinweiserbefraÂgungen durchgeführt und in einem moÂnatlich tagenden berufsgruppenüberÂgreifenden Lenkungsausschuss qualiÂtätsrelevante Fragen diskutiert und abgestimmt.
Drei Jahre später zeigte sich angeÂsichts der erneut anstehenden SelbstbeÂwertung nach dem KTQ-Katalog der Wunsch der Mitarbeiter, dieses BemüÂhen mit einem Qualitätssiegel, das heißt mit einem Zertifikat, sowohl nach innen als auch nach außen kommunizieren zu können. Diese Anliegen trug die Leiterin des Zentralbereichs QualitätsmanageÂment am Universitätsklinikum Dresden, Dr. Maria Eberlein-Gonska, an die KTQ-Gesellschafter heran. Es folgten kritische Diskussionen. Im Ergebnis wurde dem Vorhaben einer FremdÂbewertung nach den Regeln der KTQ® als Pilotprojekt in Deutschland für eine Fachklinik mit Budget- und Personalverantwortung zuÂgestimmt. Am 26./27. Mai 2008 wurde die Fremdvisitation erfolgreich durchgeÂführt, die Visitoren empfahlen uneingeÂschränkt eine Zertifizierung der Klinik und Poliklinik nach dem KTQ-VerfahÂren. Dieser Erfolg ist durch zahlreiche Aktivitäten, Projekte und Maßnahmen der Mitarbeiter der Klinik und Poliklinik begründet, von denen im Folgenden eiÂnige vorgestellt werden:
Stationärer Aufnahmeprozess für elektive Operationen
Der überwiegende Teil der operativen Eingriffe in der Klinik und Poliklinik für Orthopädie ist elektiver Natur. Um eine möglichst gleichmäßige Auslastung der OP-Kapazitäten zu erreichen, ist eine gute Vorbereitung der zunehmend älter werdenden oder auch der ganz jungen Patienten notwendig. Die IndikationsÂstellung zu einem operativen Eingriff findet im Rahmen einer SpezialsprechÂstunde statt. Mit der Indikationsstellung wird eine Reihe ablaufrelevanter InforÂmationen für den Patienten in standardiÂsierter Form festgelegt. Bereits in der Sprechstunde wird gemeinsam mit dem Patienten der Eingriffstermin vereinbart. Im weiteren Ablauf erfolgt eine ambuÂlante Vorstellung des Patienten im direkten ZusammenÂhang mit dem geplanten operativen Eingriff. Anhand aktueller Labor- und RöntgenunterÂsuchungen wird von dem ärztlichen KolÂlegen in der prästationären Aufnahme die Operationsfähigkeit des Patienten bestätigt. Am gleichen Tag erfolgt die Vorstellung des Patienten in der AnäsÂthesieambulanz, um auch von dieser Seite die Freigabe zur Operation zu erhalten. Dieser Prozessablauf hat sich in der klinischen Routine außerordentlich bewährt. In der aktuellen Anpassung dieses Prozesses wurde die EntscheiÂdung zur Digitalisierung aller DokuÂmente und Informationen der soÂgenannten prästationären Aufnahme getroffen. Damit stehen diese InformaÂtionen allen an der Behandlung beteiligÂten Kollegen gleichzeitig und unabhänÂgig von der weiterhin klassischen PapierÂakte zur Verfügung.
Berufsgruppenübergreifende Morbiditätsbesprechungen
Im wöchentlichen Rhythmus werden aufgetretene unerwünschte BehandÂlungsfolgen der entlassenen Patienten mit allen anwesenden Ärzten, den StaÂtionsleitungen, der Ambulanz-, der VerÂwaltungs- und der Pflegedienstleitung besprochen und analysiert. Ãœber das Behandlungsjahr werden die aufgetretenen unerwünschten Behandlungsfolgen konÂtinu ierlich gesammelt und dokumenÂtiert. Die Oberärzte und Bereichsleiter erhalten am Ende des Jahres die GeÂsamtübersicht zur weiteren Bewertung. Nach einer entsprechenden Diskussion im berufsgruppenübergreifenden LenÂkungsausschuss erfolgt der Beschluss mit dem Auftrag zur weiteren konÂkreten Bearbeitung erkannter ProblemÂbereiche.
Beispielhaft wurde bei adipösen PaÂtienten nach einer elektiven HüftendoÂprothetik eine erhöhte Rate an sakralen Dekubitusbildungen beobachtet. Es bilÂdete sich eine interdisziplinäre ArbeitsÂgruppe unter Einbeziehung der leitenÂden OP-Schwester, der Wundschwester des Universitätsklinikums und einem Mitarbeiter aus dem Zentralbereich Qualitätsmanagement. Als mögliche UrÂsachen wurden langes Liegen in einer Position im OP, Unterkühlung und mögliche Hautschädigung durch DesÂinfektionspfützen diskutiert. Der tradiÂtionelle Hüftverband mit einer mögliÂchen Ausbildung von feuchten KamÂmern und einer Zugbelastung auf die Gesäßregion stellt nach Meinung der Arbeitsgruppe ebenfalls einen RisikofakÂtor dar. Zur Verbesserung der PatientenÂversorgung wurde eine Checkliste erarÂbeitet, die besonders gefährdete PatienÂten identifizieren soll. Diese Checkliste beinhaltet:
- Feststellung des BMI (Körpergewicht, Körpergröße);
- bekannte Mobilitätseinschränkungen;
- Alter über 60 Jahre;
- welcher orthopädische Eingriff ist geÂplant?
- bekannte Durchblutungsstörungen (vorhandener Ulcus curis, AnamneÂse).
Die Daten werden im Rahmen der prästationären Aufnahme erfasst. Bei zwei oder mehr positiven Antworten wird von einem initial erhöhten Risiko ausgegangen. In diesem Fall bereiten die Stationen zur stationären Aufnahme ein Bett mit Weichlagerungsmatratze für den jeweiligen Patienten vor. Eine gleichÂzeitig initiierte Umfrage bei vergleichÂbaren Einrichtungen zum verwendeten Verband ergab eine deutliche Abkehr vom klassischen Hüftverband hin zu einfachen Klebeverbänden und frühzeiÂtiger Nutzung der ThromboseÂprophylaxestrümpfe. Eine Testphase mit einem derartigen Verbandskonzept wurde beschlossen.
Leistungsplanung im Kontext mit den Unternehmenszielen des UniversitätsÂklinikums
In der Klinik für Orthopädie wird QualiÂtätsmanagement als ManagementinstruÂment verstanden und ist damit ein inteÂgraler Bestandteil der Steuerung der Klinik. So werden im LenkungsausÂschuss nicht nur qualitätsrelevante TheÂmen besprochen, sondern auch die Leistungszahlen vorgestellt und diskuÂtiert. Die Leistungsplanung für die orÂthopädische Klinik resultiert aus der Gesamtplanung für das UniversitätsÂklinikum, die in der Regel auf den Leistungszahlen des Vorjahres basiert. Für die orthopädische Klinik ist das LeistungsÂvolumen in verschiedene mediziÂnische Bereiche untergliedert und ergibt damit konkrete Leistungsvorgaben. Die Oberärzte der Klinik sind entsprechend ihrem medizinischen Schwerpunkt in den einzelnen Leistungsbereichen für die Steuerung verantwortlich. Auf der Ebene des Universitätsklinikums ist eine kontinuierliche elektronische BerichtÂerstattung in einer multiprofessionellen Arbeitsgruppe unter Beteiligung der orthopädischen Klinik etabliert worden. Als Ergebnis liegt ein monatlicher BeÂricht als „DRG-Cockpit“ vor. Er bietet einen Ãœberblick über die erbrachten Leistungen im Vergleich zu den PlaÂnungszahlen in den genannten LeisÂtungsbereichen. Bei Bedarf kann auf den Einzelfall, zum Beispiel bei LangÂliegern, direkt aus dem Bericht heraus zugegriffen werden. Im Sinne eines kontinuierlichen Qualitätsmanagements wird der aktuelle Leistungsstand in den monatlichen OberarztÂbesprechungen vom DRG-Verantwortlichen dargestellt und diskutiert. Gemeinsam mit dem Zentralbereich Medizincontrolling erfolÂgen quartalsweise Beratungen und ggf. Empfehlungen zur Erlössicherung baÂsierend auf den erreichten LeistungsÂzahlen.
Die Anwendung klassischer InstruÂmente eines QualitätsmanagementsysÂtems in der medizinischen Versorgung ist eine geeignete methodische UnterÂstützung zur Identifizierung von VerbesÂserungspotenzialen und zeigt auch MögÂlichkeiten der künftigen Entwicklung auf. Erst auf der Basis von Kennzahlen zur aktuellen Situation im Vergleich mit den definierten Zielen einer Einrichtung können Maßnahmen zur Verbesserung abgeleitet werden. Die KTQ-SelbstbeÂwertung mit der Möglichkeit der ZertifiÂzierung ist dabei ein gutes Instrument, nach der Etablierung dieser internen Prozesse die investierte Arbeit transpaÂrent darzulegen und einer (Fremd-)BeÂwertung zu unterziehen.
Die Erweiterung des klassischen KTQ-Verfahrens mit der Möglichkeit, nun auch FachÂkliniken mit Personal- und Budgetverantwortung innerhalb eines Klinikums zertifizieren zu können, wird ausdrücklich begrüßt. Die erfolgÂreiche Visitation ist auch als WertschätÂzung der vorgenommenen Darstellung der Prozesse der Klinik und Poliklinik für Orthopädie innerhalb eines UniverÂsitätsklinikums zu sehen. Der Dank gilt allen Mitarbeitern des UniversitätskliniÂkums, die anlässlich der Visitation zu den Prozessen in der Orthopädie befragt worden sind. Dieses Vorgehen war und ist einmalig in Deutschland und wird von allen Mitarbeitern der Klinik und Poliklinik für Orthopädie und auch des Zentralbereiches Qualitätsmanagement am Universitätsklinikum Dresden als Erfolg und Ansporn zur dauerhaften Qualitätsverbesserung gewertet.
Anschrift der Verfasser
Dr. Stefan Kirschner / Prof. Dr. Klaus-Peter Günther / Meike Jäger / Ute Dittmann, Orthopädische Klinik / PD Dr. Maria Eberlein-Gonska, Zentralbereich Qualitätsmanagement,
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus,
Fetscherstraße 74, 01307 Dresden
Quelle: das Krankenhaus, 11/2009, S. 1086-1087.