KTQ® im Pressespiegel
2011/08 - Das Krankenhaus: Klinikum Vest GmbH
KTQ-Verbundzertifizierung als "Fusionsbeschleuniger"
Die Klinikum Vest GmbH mit den Standorten Recklinghausen und Marl gehört zu den PilotÂkrankenhäusern, die als erste die neue KTQ-Verbundzertifizierung erfolgreich abgeschlossen haben. Am 7. Juli 2011 übergab Gesine Dannenmaier, Geschäftsführerin der KTQ-GmbH, das KTQ-Zertifikat für die bestandene QualitätsÂprüfung an den Geschäftsführer des Klinikums. Nur 10 Monate lagen zwischen dem Beschluss der Betriebsleitung und der Visitationswoche. Eine klare Verteilung der Verantwortlichkeiten bei eindeutigen Zielvorgaben mit engmaschigen Ergebniskontrollen war das Erfolgsrezept für diese Leistung. Die Kunst lag darin, die notwendig hohe Mitarbeitermotivation zu erreichen und über diesen Zeitraum zu erhalten.
Anhand der zeitlichen und personellen Ressourcen lassen sich die Rahmenbedingungen für das Klinikum Vest erkennen: Nach der Entscheidung zur Verbundzertifizierung, die dem Projekt höchste Priorität zuwies, musste das Vorgehen eindeutig formuliert werden. Es wurde ein Lenkungsausschuss gebildet, der verbindlich einmal im Monat an im Vorfeld schriftlich festgelegten Terminen tagte. Den Vorsitz hatte die Stabstelle QualitätsmanageÂment (QM). Die Geschäftsführung gehörte ebenso zu den Teilnehmern wie die AbteilungsÂleiter der Fachbereiche und Kliniken beider Standorte. Die große, nicht einfach zu moderierende Gruppe war eine notwendige Basis, um effektiv und effizient Ziele für das gesamte Klinikum zu definieren und umzusetzen. Eine gute Fehlerkultur war ebenfalls eine Voraussetzung für die produktive Zusammenarbeit.
Entsprechend den Grundlagen des Projektmanagements war jedes Ziel mit einem Datum versehen und als Meilenstein aufgeführt, sodass eine Zielkontrolle in jeder Sitzung des Lenkungsausschusses erfolgen konnte. Das Erreichen von Meilensteinen unterstützte die Motivation. Das Protokoll dieser Sitzungen war Arbeitsgrundlage für jeden Teilnehmer. Es bildeten sich entsprechend den Kriterien des KTQ-Manuals sechs Arbeitsgruppen. Verantwortlich für die stringente termingerechte Zielerreichung waren die Kategorieverantwortlichen, die auch Teilnehmer des Lenkungsausschusses waren.
Nachhaltige Verbesserung
Rückblickend war die Entscheidung zur Verbundzertifizierung mehr als eine Entscheidung für eine besondere Qualitätsprüfung. Sie diente vielmehr als Katalysator für Projekte, die weit über die KTQ-Zertifizierung hinausgehen. Primär strebten die Arbeitsgruppen natürlich die Abgleichung der notwendigen KTQ-Kriterien an. Es galt das Entscheidungsprinzip „Best Practice“. Die Arbeits gruppenteilnehmer, immer aus beiden Standorten besetzt, analysierten die Arbeitsabläufe der jeweiligen Standorte und legten miteinander die notwendigen Veränderungen fest, die dann im Steuerkreis vorgestellt und von der Geschäftsführung verifiziert wurden.
Sekundär, nicht als Wertung gemeint, fielen ganz besondere „Abfallprodukte“ in Form von Projekten an, die die Qualität der Patientenversorgung, die Mitarbeiterzufriedenheit und die Effizienz über die Visitationswoche hinaus deutlich positiv veränderten. Das belegen die Ergebnisse in den einzelnen Kategorien, die nachfolgend beispielhaft dargestellt sind.
Patientenorientierung
Die schon begonnene Entwicklung eines Casemanagements nahm rasant an Fahrt auf. Fachabteilungsspezifisch wurden Stellen eingerichtet und mit MitarbeiÂtern besetzt, die schon jetzt Erfolge in der Verbesserung der OrganisationsproÂzesse vorweisen können. Als Kennzahlen dienen die Liegezeiten und die ZufrieÂdenheitsrückmeldungen der Patienten. Dieses Projekt hat jetzt so viel „Schwung“, dass eine Ausweitung bereits begonnen hat.
Weiterhin ist das Prozedere der AufÂnahme- und Entlassungsplanung in den Fokus gerückt, sodass hier jetzt die große Chance besteht, über eine Managementstelle (für einen Betriebsteil schon realiÂsiert) diese für die PatientenzufriedenÂheit, aber auch für die Wirtschaftlichkeit sensible Phase durch den „berühmt beÂrüchtigten“ KVP (kontinuierlichen VerbesÂserungsprozess) effektiver zu gestalten.
Mitarbeiterorientierung
Für das Kriterium 2 „MitarbeiterorienÂtierung“ hat das Klinikum Vest seine höchste prozenÂtuale Punktzahl bekomÂmen. Dies ist sicherlich zum einen der nicht in allen Krankenhäusern eingeÂrichteten Stelle Personalentwicklung geÂschuldet. Die Mitarbeiterin ist standortÂübergreifend in Vollzeit tätig und hat so entsprechende Ressourcen, sich für die Belange der Beschäftigten einzusetzen. Sie konnte zum Beispiel die Erstellung von effektiven Einarbeitungskonzepten über alle Fachrichtungen hinaus begleiÂten, eine QualifikationsÂmatrix erstellen und ein Konzept zur PersonalentwickÂlung durch Schulungsveranstaltungen realisieren. Die Entscheidung zur VerÂbundzertifizierung hat auch hier einen Beschleunigungseffekt gehabt.
Sicherheit
Das Kriterium 3 „Sicherheit im KranÂkenhaus“ gab unter anderem den ProÂjekten „EinheitÂlicher Einsatz der WHO-Checkliste“ und „Einführung von Patientenarmbändern“ die hilfreiche AnÂschubenergie. Auch hier bleibt als ErÂfolgsgarant zu beachten: Die Umsetzung gelingt nicht mit Entscheidungen „Top down“, sondern nur nach dem Bottom-Âup-Prinzip. Aus den Arbeitsgruppen müssen die Ergebnisse kommen, sonst bleiben diese Projekte „KTQ-MarionetÂten“, die nur zur Zertifizierung ihren Einsatz bekommen.
Information und Kommunikation
Das Kriterium 4 „Information und Kommunikation“ hatte Hochkonjunktur. Die Arbeitsgruppe erstellte zum Beispiel ein Kommunikationskonzept, damit der dringliche Wunsch der Mitarbeiter nach Transparenz – auch über ihren jeweiligen Standort hinaus – Wirklichkeit wurde. Ein sehr gut strukturiertes Infoportal wurde geschaffen und die Beschäftigten in dessen Nutzung geschult. Es bleibt ein lernendes System, das für Mitarbeiterideen und neue Anforderungen offen ist. Die Vereinheitlichung von bestehenden VerfahrensÂanweisungen und Dokumenten ist nicht abgeschlossen, sondern wird weiter sehr aktiv in Arbeitsgruppen fortentwickelt. Aktiv deshalb, weil die Mitarbeiter selbst gestalten können, die erheblichen Vorteile sehen und ihre Arbeit durch die KTQ-Zertifizierung anerkannt ist.
Krankenhausführung
Die Bearbeitung des Kriteriums 5 „Krankenhausführung“ hatte den Charme, dass die Betriebsleitung, nachdem sie für sich Führungsgrundsätze aufgestellt hatte, gemeinsam mit den Mitarbeitern der Arbeitsgruppe ein Leitbild entwickelte, dass jetzt in Auszügen auf den Stationsfluren aushängt. So haben es sich die Beschäftigten gewünscht, damit nicht viele „leere Worte“ sinnlos aufgeschrieben werden, sondern gelebt werden „müssen“. Die Erstellung von Businessplänen für die nächsten sechs Jahre war ebenfalls ein hochwertiges Ergebnis des KTQ-Prozesses.
Qualitätsmanagement
Das im Kriterium 6 „Qualitätsmanagement“ massive Bewegung war, liegt in der Natur der Sache, denn in jegliche Projekte war das QM-Team eingebunden. Zusätzlich wurden aus den Arbeitsgruppen Rufe nach Kennzahlen laut, die das QM-Team unter anderem noch in veränderte Fragenbögen für Mitarbeiter/ Patientenbefragungen einarbeitete.
Stimmen der Beschäftigten
„Es war wie ein Virus, der uns ergriffen hat – noch nie war uns ein Virus so willkommen.“
„Das voneinander Lernen hat richtig Spaß gemacht.“
„Die da von ,drüben‘ sind ja doch total nett.“
„Endlich ein erkennbares gemeinsames Ziel – das tut richtig gut.“
Stimmen der Visitatoren
„Zusammenführung ist gelungen.“
„Es ist wie in einer Ehe: Man ist zusammen, aber jeder bewahrt sich seine Persönlichkeit.“
Fazit
Die Verbundzertifizierung hat dem Klinikum über die nach außen dokumentierte Qualitätsverbesserung zahlreiche Vorteile gebracht.
- Der Fusionsprozesses wurde beschleunigt; wichtig: Auswahl der Mitarbeiter Lenkungsausschuss und verbindliche zeitliche Struktur (Kontrolle: LenkungsausÂschuss/Betriebsleitung).
- Die Grundlagen für spezielle Zertifizierungen wie Neuro-, Darm-, Adipositas- oder Schmerz-Zentrum sind geschaffen.
- Qualitätsverbessernde Aspekte wurden vereinheitlicht, beispielsweise Prozesse wie Zielvereinbarungen mit Beschäftigten, Fortbildungen oder klinische Pfade gleichÂgeschaltet.
- „Best Practice“ hilft, Organisationsprozesse zu verschlanken und weiterzuentwickeln.
- Die Zusammenführung der Mitarbeiter wird gefördert.
- Es werden Synergien geschaffen, die zu Einsparungen führen.
- In den Arbeitsgruppen lassen sich wirtschaftliche Ressourcen aufdecken.
- Risiken, zum Beispiel bei der Hygiene oder im Labor, werden erkennbar.
Nicht verschwiegen werden soll, dass der Zeitaufwand für die Mitarbeiter über einen begrenzten Zeitraum hoch ist und die Betriebsführung den Prozess intensiv betreuen und begleiten muss. Im Klinikum Vest hat die Verbundzertifizierung jedoch erheblich dazu beigetragen, den Verbundgedanken zu fördern und in die Praxis umzusetzen. Das wiegt diese „Nachteile“ mehr als auf.
Während des KTQ-Forums am 23. und 24. September 2011 in Berlin wird das Thema „Verbundzertifizierung“ in einem Workshop Thema sein. Dort besteht die Möglichkeit, im persönlichen Austausch diese sehr zukunftsweisende Zertifizierung in allen Facetten zu beleuchten.
Anschrift des Verfassers
Berthold Böttcher
Pflegedirektor Klinikum Vest GmbH
Dorstener Straße 151
45657 Recklinghausen
Telefon: 0 23 61/ 56 11 00
E-Mail: » berthold.boettcher(at)klinikum-vest.de
Quelle: das Krankenhaus, 08/2011, S. 824-826.