Albertinen Ambulanter Pflegedienst, Hamburg:
KTQ für ambulante Pflegedienste - Erstzertifizierung ohne Welpenschutz
Die Albertinen-Gruppe, ein integrierter GesundÂheitsdienstleister im Norden Hamburgs betreibt sowohl Krankenhausbetriebe als auch Einrichtungen der Altenhilfe – unter anderem zwei ambulante Pflegedienste. Nachdem der KTQ-Katalog für die Altenhilfe Anfang 2007 druckfrisch erschien, war das Ziel klar: Der „Albertinen Ambulante Pflegedienst“ sollte „aufs Treppchen“ wenn es um den KTQ-Zieleinlauf bei den ambuÂlanten Pflegediensten ging. Das Albertinen-Krankenhaus wurde bereits im Mai 2007 erfolgreich nach KTQ 5.0 erstzertifiziert und so konnte auf diesen Erfahrungen und Vorarbeiten direkt aufgebaut werden:
- ein elektronisches Dokumentenlenkungssystems (Curator) war bereits etabliert, so dass die für den ambulanten Pflegedienst spezifische Regelungen „nur noch“ erarbeitet und in das System eingepflegt werden mussten.
- Die für den Bereich Altenhilfe zuständige Qualitätsmanagerin konnte auf die Erfahrungen der Kollegen im Krankenhaus zurückgreifen und erhielt Unterstützung bei der Erstellung des Selbstbewertungsberichtes und der Vorbereitung der Visitation.
- Wesentliche Dienstvereinbarungen mit der Mitarbeitervertretung waren bereits geschlossen, einige Projekte wie bspw. ein Kennzahlensystem konnten auf die Belange des Pflegedienstes angepasst werden, für Funktionen wie Hygiene, Betriebsgesundheit und Arbeitssicherheit gab es zentrale Verantwortlichkeiten.
Das soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch der ambulante Pflegedienst seine Hausaufgaben zu machen hatte. Dies wurde vor allem dann deutlich, wenn es um die fachlichen Standards ging und um Regelungen, die für die spezielle Situation der ambulanten Pflege zu treffen sind. Kompliziert wurde es dadurch, dass der ambulante Dienst sowohl in den Stadtteilen als auch in der hauseigenen Wohnanlage und einer Wohngemeinschaft für Demenzkranke tätig ist und hier jeweils unterschiedliche Verfahren für die Speisenversorgung, das BeschwerdeÂmanagement, Notrufmöglichkeiten etc. zu beschreiben waren.
Diese Differenzierung war Fluch uns Segen zugleich. Auf der einen Seite mussten unterschiedÂliche Regelungen gefunden werden, auf der anderen Seite bot sich die Chance gute Beispiele für den Erreichungsgrad anzuführen.
Die Kategorie 3 (Sicherheit) wurde bereits im Vorfeld durch die erfolgreiche Teilnahme des ambulanten Dienstes an einem hamburger Projekt zum Thema Arbeitsschutz bearbeitet. Der ambulanten Dienst wurde dabei als Betrieb mit vorbildlichem Arbeitsschutz ausgezeichnet. Dieses Projekt zeigt unseres Erachtens einmal mehr, dass für einige Kategorien bereits solide Vorarbeit geleistet sein muss – sonst wird die Zahl der Baustellen für eine zeitnahe KTQ-Zertifizierung unüberschaubar.
Für den Themenbereich Befragungen lagen bereits zwei Mitarbeiterbefragungen vor, in der jüngsten wurde dem ambulanten Dienst eine hervorragende Mitarbeiterzufriedenheit bescheinigt. Außerdem existiert ein System für Meinungskarten für die Kunden in der eigenen Wohnanlage. Standardisierte Befragungen für Kunden ambulanter Dienste wurden im Vorfeld vergeblich gesucht, deshalb entschied sich das Qualitätsmanagement für eine sehr schlanke, anonyme schriftliche Befragung, die in einem Pilotverfahren in beiden ambulanten Diensten der Albertinen-Gruppe erfolgreich getestet wurde.
Der Fragebogen ist sowohl durch Kunden als auch durch Angehörige ausfüllbar, umfasst nur zwei Seiten in großer Schrift und fragt alle relevanten Bereiche ab. Das Verfahren wird jetzt durch den Dienstleister quant für alle ambulanten Dienste angeboten (» www.quant-forum.de).
Die Visitation wurde gewohnt professionell von unserer Zertifizierungsgesellschaft durchgeführt und auch die Visitoren war sehr gut vorbereitet. Trotz einer eher defensiven Selbstbewertung – mit ausreichend Reserve zu den 55% – wurden uns hier und da Punkte abgezogen. Dies zeigt, dass es für die Altenhilfe keinen Welpenschutz für erstÂzertifizierte Einrichtungen gibt. Das ist auch gut so – schließlich soll die Bewertungssystematik für alle gleich sein und der Wert des Siegels nicht durch zweierlei Maß verwässert werden. Allerdings sehen wir die Gefahr, dass im Spagat zwischen der Zertifizierung von Uni-Kliniken auf der einen Seite und kleinen ambulanten Pflegediensten auf der anderen Seite das Koordinatensystem der Bewertungslogik eine Schieflage erleidet. Bei kleinen Einrichtungen dürfen 8 oder 9 Punkte bei der Durchdringung im „Do“ kein Tabu bleiben. Die „Kleinen“ haben bei ihrem begrenzten Tätigkeitsfeld nämlich erheblich damit zu kämpfen in allen Kategorien Beispiele für Excellence zu finden und ein systematisches Check und Act aufzubauen – anders als in größeren heterogenen Einrichtungen. Dies gilt für ambulante Dienste vor allem dort, wo die Gestaltungsmöglichkeiten teilweise stark eingeschränkt sind, bspw. bei der Speisenversorgung, Notrufen, der ärztlichen Versorgung, dem häuslichen und sozialen Umfeld etc. Es bedarf unseres Erachtens eines sensiblen Umganges mit der KTQ-Bewertungssystematik, um nicht unterschiedliche „Messlatten“ entstehen zu lassen, die von Leuten mit ausreichend Vergleichsmöglichkeiten wie uns nicht mehr nachvollziehbar sind.
Fazit:
- Das KTQ-Verfahren macht weniger konkrete Vorgaben, bspw. für den Aufbau eines Organisations-oder Qualitätshandbuches als andere Siegel/Systeme im Bereich Altenhilfe, die teilweise sehr starr sind.
- KTQ dürfte besonders interessant für Träger sein, die verschiedene Einrichtungen des Gesundheitswesen unter einem Dach vereinen und eine gemeinsame QM-Sprache wünschen - die Synergieeffekte sind erheblich.
- Es gibt keinen „Welpenschutz“ für Einrichtungen der Altenhilfe, die sich erstzertifizieren lassen möchten.
- Wir machen weiter – Mitte 2008 sind die nächsten Einrichtungen „dran“.
Für Rückfragen stehen zur Verfügung:
Silke Wegwerth, QM Altenhilfe
» silke.wegwerth(at)albertinen.de
Tom Krause, QM Albertinen-Gruppe
» tom.krause(at)albertinen.de