KTQ® im Pressespiegel
2013/02 - Das Krankenhaus: Zertifizierung
Dritte KTQ-Rezertifizierung Klinikum St. Marien Amberg
Das Klinikum St. Marien Amberg ist ein KrankenÂhaus der Schwerpunktversorgung mit 574 Betten und akademisches Lehrkrankenhaus der UniverÂsitäten Erlangen und Regensburg. Es hat bereits 1997 auf der Basis einer TrägerÂentscheiÂdung die EinfĂĽhrung eines umfassenden QualitätsÂmanageÂments beschlossen. Nach verschiedenen QualifiÂzieÂrungsmaĂźnahmen von Mitarbeitern aller HierarÂchieebenen sowie der Initiierung und Umsetzung zahlreicher Projekte wurde die Erstzertifizierung des Klinikums fĂĽr 2003 geplant und erfolgreich umgesetzt. 2006 fand die erstmalige RezertifiÂzierung statt. Das Klinikum konnte dabei sein Ergebnis steigern. 2009 folgte die erneute Rezertifizierung bei weiterer Ergebnisverbesserung. 2012 wurde das Haus zum dritten Mal rezertifiziert. Dabei konnte das Klinikum St. Marien als erste Klinik ĂĽberhaupt die magische Marke von 80 Prozent in der KTQ-Bewertung ĂĽberschreiten und mit 81 Prozent ein Ergebnis erzielen, das im Benchmark mit 430 anderen Kliniken „bisher einmalig ist“, wie das Unternehmen gegenĂĽber der Presse und der Ă–ffentlichkeit stolz herausstellte. Das bescherte dem Krankenhaus in der lokalen Presse die Schlagzeile, deutschlandweit „die Nummer eins“ zu sein.
FĂĽr viele Beteiligte stellt sich nun die Frage: Lässt sich bei einem gelebten QualitätsÂmanageÂment, das ĂĽber mehr als ein Jahrzehnt hinweg betrieben wird, ĂĽberhaupt noch etwas verbessern? Und wenn ja: Welchen Zugewinn bringt ein solches Verfahren fĂĽr die Organisationsstruktur eines Klinikums noch?
Wenn eine externe Fachkommission durch das Klinikum geht, die einzelnen im KriterienÂkatalog aufgelisteten Punkte prĂĽft und dann ihre Bewertungen in einem Bericht schriftlich darlegt, werden Prozesse und Befindlichkeiten beschrieben, die verbessert werden könnten. „Genau das ist fĂĽr uns wichtig und macht die Teilnahme an Zertifizierungsverfahren sinnvoll“, erklärt Dr. Harald Hollnberger, Leiter der Organisationsentwicklung am Klinikum St. Marien Amberg. Mit anderen Worten: Das Haus will in regelmäßigen Zeitabständen von externen Fachspezialisten erfahren, was zur Weiterentwicklung und Steigerung der WettbewerbsÂfähigkeit des Unternehmens getan werden kann. „Ein Zertifikat ist dann eher eine Randerscheinung, fĂĽr uns zählen die Inhalte. Diese sind es, die fĂĽr eine nachhaltige Unternehmensentwicklung notwendig sind“, unterstreicht Hollnberger.
Bei der ZertifikatsĂĽbergabe (von links nach rechts): Klinikumsvorstand Manfred Wendl; Monika Schäble, GeschäftsfĂĽhrerin der Zertifizierungsgesellschaft; Hubert Graf, Kaufmännischer Direktor; Prof. Dr. Friedrich-Wilhelm Kolkmann, EhrenvorÂsitzender der KTQ; OberbĂĽrgermeister und Verwaltungsratsvorsitzender Wolfgang Dandorfer; Pflegedirektorin Kerstin Wittmann; Dr. Harald Hollnberger, OrganisationsÂentwicklung.
Foto: Stephan Huber, Amberger Zeitung
Mit den Vorbereitungen zur Zertifizierung sind Arbeit, MĂĽhen, BĂĽrokratie und viel Einsatz fĂĽr das Personal verbunden. Die Mitarbeiter haben das Verfahren unterdessen „längst verinnerÂlicht“, das Bewusstsein fĂĽr Qualität und deren ständige Verbesserung „sind im Alltag dauerhaft präsent und werden weniger als Einzelaktion wahrgenommen“, so Hollnberger. Er bekräftigt: „Die Mitarbeiter wissen, dass es fĂĽr ihre klinische Tätigkeit von groĂźer Bedeutung ist.“
Zur Infrastruktur eines guten Qualitätsmanagements zählen am Klinikum St. Marien Amberg die drei Begriffe „Audits“, „Kennzahlen“ und „Befragungen“. Begehungen in allen Bereichen werden seit Jahren prospektiv mit einer Jahresplanung versehen und unternommen. Dabei kommt es zur eingehenden ĂśberprĂĽfung aller Bereiche in allen wichtigen Punkten, ob dies Transfusionswesen, Hygiene, Medikamente oder klinische Prozesse und deren DokumenÂtation betrifft. „Wir versuchen auĂźerdem, neben den wirtschaftlichen Kennzahlen auch medizinische Kennzahlen prozessbegleitend und automatisiert zu erheben“, berichtet Dr. Hollnberger. Zum Beispiel im OP-Bereich, in der Pflege (Sturz, Dekubitus …) und in der Notaufnahme. Dort sogar monatlich. Diese Kennzahlen „sind fĂĽr die Ergebnisqualität von groĂźer Bedeutung und werden den Verantwortlichen zur Prozesssteuerung zugeleitet“.
Am Klinikum laufen seit vielen Jahren auch regelmäßige externe, anonymisierte Befragungen.
Einbezogen werden dabei unter anderem die einweisenden Ă„rzte, die Mitarbeiter und die Patienten. Befragt werden darĂĽber hinaus aber auch die Rettungsdienste, die Notärzte, spezielle Patientengruppen und die Besucher des Klinikums. Die Ergebnisse werden transparent gemacht, zu Verbesserungen genutzt und veröffentlicht. Auch hier zeigt sich ein dauerhaft positiver Aufwärtstrend in allen Bereichen. „Besonders erfreulich ist, dass wir bei der Patientenbefragung eine sehr hohe Akzeptanz bei der ärztlichen und pflegerischen Betreuung, bei der Schmerztherapie, bei der Entlassung und bei der Angehörigenintegration finden“, so Hollnberger. Im Benchmark mit 171 Vergleichskliniken „konnten wir hier jeweils die 95 Perzentile oder noch höher erreichen“ (siehe dazu u Grafik 1). Nur 5 Prozent der VergleichsÂkliniken weisen hier bessere Werte auf, bei der pflegerischen Betreuung nur 1 Prozent. Gerade an solchen positiven Bewertungen werde deutlich, „dass sich die tägliche Arbeit am KrankenÂbett lohnt“. Die „Marke“ Klinikum St. Marien Amberg mit den MarkenÂinhalten Medizin. Menschlichkeit.Miteinander. werde „gelebt und wahrgenommen“.
Grafik 1: Patientenbefragung 2011 des Klinikum St. Marien Amberg im bundesweiten Benchmark mit 171 Kliniken
Der KTQ-Visitationsbericht ist laut Hollnberger für das Klinikum und seine Führung ein wichtiges Instrument für die Entscheidungsprozesse zur Weiterentwicklung des Unternehmens. Dazu gehört vorrangig die aufmerksame Kenntnisnahme von Potenzialen, die der Verbesserung dienen könnten. Die Verbesserungspotenziale werden unter Zuordnung der Themen in „To-do-Listen“ aufgenommen und dann systematisch abgearbeitet. Dies geschieht zeitnah bereits kurz nach der Zertifizierung und bestätigt die Mitarbeiter in ihrem Engagement. „Sie sind motiviert, Dinge zu verändern, und sie haben den Mut und die Bereitschaft, darüber auch das Gespräch zu suchen und die Verbesserungen voranzubringen.“
Der Gedanke, Dinge und Gegebenheiten zu verbessern und damit die Qualität des Klinikums weiter zu heben, hat sich in Amberg längst auch auf andere Themen wie „Energie“, „Umwelt“ und „Effizienz“ ausgeweitet. „Für uns sind alle Prozesse im Klinikum von Bedeutung, ob patientennah oder patientenfern. Jeder Bereich ist für die Versorgung unserer Patienten von Bedeutung. Wichtig ist uns eine nachhaltige und langfristige Ausrichtung. Dies erhält unsere Wettbewerbsfähigkeit und hilft uns, das Unternehmen für die Zukunft noch besser zu positionieren“, so Manfred Wendl, Vorstand des Klinikums.
Das Thema „Risikomanagement“ ist ein weiterer Bereich, der im Zuge der Zertifizierungen umfassend besetzt wurde. So hat sich das Klinikum an einem bayernweiten Pilotprojet SIMPARTEAM zur Risikoprävention in der Geburtshilfe beteiligt. Das Projekt wird vom AktionsbĂĽndnis Patientensicherheit, der AOK, dem MDK Bayern und den FachgesellÂschaften unterstĂĽtzt. Zwei Tage fand ein Notfalltraining mit interdisziplinären Teams statt, in denen verschiedene geburtshilfliche Notfälle simuliert wurden. Das Projekt trägt wesentlich zur Risikoprävention im klinischen Bereich bei.
„Interdisziplinarität spielt in der kĂĽnftigen klinischen Patientenversorgung eine besondere Rolle. Daher ist es dem Klinikum St. Marien wichtig, vor allem in der SchwerpunktÂversorgung Behandlungszentren weiter auszubauen“, betonte Wendl. Der interdisziplinäre BehandlungsÂansatz trage wesentlich zu einer besseren Patientenversorgung bei. Entscheidungen wĂĽrden im Team getroffen, Therapieentscheidungen mit allen beteiligten Fachgebieten gemeinsam diskutiert und festgelegt. „Der Behandlungsansatz ist damit umfassend, die Kommunikation optimal.“ Die einzelnen Zentren – wie das Onkologische Zentrum, das Traumazentrum, das Perinatalzentrum, die Chest Pain Unit oder die Stroke-Unit – werden separat voneinander von den Vertretern der Fachgesellschaften zertifiziert. Dies geschieht in regelmäßigen Abständen. Solche Anstrengungen fĂĽhren zu einem hohen Aufwand und durchaus zu Kostenaufwand. „Hier wĂĽnschen wir uns eine adäquate Refinanzierung. Leider ist dies bisher nicht gegeben, was Kliniken mit hoher Qualität zusätzlich belastet“, beklagt der Klinikumsvorstand.
„In unserem Haus ist, wenn man so will, ein permanenter Verbesserungsprozess im Gang“, fasst Hollnberger die Situation am Klinikum St. Marien zusammen. Das geschehe „nicht immer zur Freude der Mitarbeiter, weil es immer auch eine Zusatzbelastung im klinischen Alltag“ bedeute. Gleichwohl seien die Beschäftigten „stolz auf das Erreichte“. Das Klinikum bleibe wettbewerbsfähig und die Arbeitsplätze würden „langfristig gesichert“. Hollnberger, der selbst als KTQ-Visitor andere Kliniken in Zertifizierungsverfahren prüft, sähe es gerne, wenn „an Häusern, die bereits aufgebaute und dauerhaft implementierte QM-Strukturen haben, das KTQ-Verfahren deutlich verschlankt werden würde“.
Wolfgang Houschka
Quelle: das Krankenhaus, 02/2013, S. 182-184.