KTQ® im Pressespiegel
2013/12 - Das Krankenhaus: 13. KTQ-Forum
Vernetzung im Gesundheitswesen
Kooperation und Vernetzung sind SchlĂĽsselÂbegriffe fĂĽr die Zukunft des Gesundheitswesens. Zahlreiche Anbieter haben darauf bereits reagiert und verschiedenste innovative Konzepte entwickelt. Beim 13. KTQ-Forum kamen jetzt rund 250 Fach- und FĂĽhrungskräfte der Branche zusammen, um sich ĂĽber aktuelle Trends zu informieren und Erfahrungen auszutauschen.
Die Bedeutung sektorenĂĽbergreifender KoopeÂration als „zentrales gesundheitspolitisches Thema“ hob Dr. Josef Mischo, Präsident der Ă„rztekammer des Saarlandes und Vorsitzender der KTQ-Gesellschafterversammlung, in einem einfĂĽhrenden Vortrag hervor. Er begrĂĽndete dies zum einen mit der Komplexität der medizinischen Behandlung insgesamt, die eine ganzheitliche Betrachtung des Menschen unter Einbeziehung verschiedener Disziplinen erfordere. Zum anderen gebe es „organisatorisch-strukturelle Probleme einzelner Berufsgruppen“, die Kooperationen erforderlich machten. Ein solches Problem sei aktuell zum Beispiel der Ă„rzte- und Fachkräftemangel. Dr. Mischo verwies in diesem Zusammenhang auf das Modellprojekt „Neue Tätigkeitsprofile fĂĽr Arzthelferinnen und medizinische Fachangestellte (MFA) in der Versorgung älterer Menschen“, an dem die BĂ„K maĂźgeblich beteiligt war, und auf die „Vereinbarung ĂĽber die Delegation ärztlicher Leistungen an nichtärztliches Personal in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 28 Absatz 1 Satz 3 SGB V“, die am 1. Oktober 2013 zwischen KBV und dem Spitzenverband der GKV geschlossen wurde.
In weiteren Vorträgen des 13. KTQ-Forums wurde deutlich, wie Vernetzung in den unterschiedlichsten Praxisbereichen konkret funktionieren kann.
KTQ-Award
Mit dem KTQ-Award 2013 zum Thema „Vernetzung im Gesundheitswesen“ wurden zwei Projekte ausgezeichnet: Für preiswürdig befand die Jury sowohl das „Havelländische Netzwerk Gesunde Kinder“ (Preisträger: Havelland Kliniken GmbH) als auch das Projekt „stattkrankenhaus“ (Preisträger: Rheinhessen-Fachklinik Alzey).
Das „Havelländische Netzwerk Gesunde Kinder“ beruht auf einem Konzept, das von den Havelland Kliniken und dem Sozialdezernat des Landkreises Havelland gemeinsam erarbeitet wurde. Inhaltlich zielt das Projekt darauf ab, die Gesundheit und psychosoziale Entwicklung von Kindern bis zu drei Jahren zu fördern. Strukturell wird dies durch die Etablierung und Vernetzung bedarfsgerechter Angebote für Schwangere und Familien erreicht, die für die Nutzer kostenlos sind. Über die regionale Umsetzung hinaus sind der Projekttransfer auf andere Regionen bzw. Standorte sowie die Vernetzung der entstehenden Strukturen geplant.
Das Projekt „stattkrankenhaus“ zeichnet sich durch die hohe Patientenorientierung aus. Ziel ist es, in der psychiatrischen Versorgung jeweils passgenaue individuelle Lösungen zu finden, statt Patienten in vorgegebene feste Strukturen einzupassen. Dazu wurden multiprofessionelle Teams eingerichtet, die akut psychisch erkrankte Menschen unter Einbindung aller gemeindepsychiatrischen Dienste auch zu Hause psychiatrisch und psychotherapeutisch behandeln können. Den Teams gehören sowohl Klinikmitarbeiter als auch ambulante Therapeuten an, wodurch die Kommunikation zwischen den einzelnen Sektoren optimiert wird. Für die Pa tienten lassen sich so Klinikeinweisungen vermeiden oder Klinikaufenthalte verkürzen. Die Behandlungskontinuität wird verbessert, und die Lebensqualität der Betroffenen steigt deutlich an.
Praxisberichte
Katja Dierich, GeschäftsfĂĽhrerin des Qualitätsverbundes Netzwerk im Alter – Pankow e.V. (QVNIA), berichtete ĂĽber die Arbeit ihres Vereins. Durch vielfältige Kooperationen sei es gelungen, ein umfassendes regionales Gesundheits- und Pflegenetzwerk zu schaffen, in dem der Grundsatz gelte: „Niemand soll 'durchs Netz fallen', der auf Hilfe und UnterstĂĽtzung angewiesen ist“. Die Qualitätssicherung des QVNIA e.V. werde an der „schnittstellenÂĂĽbergreifenden Kooperation der Mitglieder“ festgemacht, so Dierich. Die Zusammenarbeit auf der Systemebene, zum Beispiel durch die Schaffung gemeinsamer VersorgungsÂrichtlinien, gewährleiste die optimale und wohnortnahe Versorgung der Klientinnen und Klienten auf der Fallebene.
Ein erfolgreiches Praxisprojekt aus dem Bereich Rettungsdienst stellte Dr. Götz Brodermann vor. Der Ärztliche Leiter Rettungsdienst des Gesundheitsamtes der Landeshauptstadt Wiesbaden berichtete von den überaus positiven Erfahrungen mit einem Pilotprojekt: Deutschlandweit erstmalig waren im April 2013 fünf verschiedene Anbieter des Rettungsdienstes einer Großstadt gemeinsam KTQ-zertifiziert worden. Für die Stadt Wiesbaden als Rettungsdienstträger sei es vor allem darum gegangen, dass Kernprozesse bei den Leistungserbringern transparent und vergleichbar werden, so Dr. Brodermann. Bei den bisherigen Zertifizierungen nach DIN ISO sei dies so nicht möglich gewesen. Das KTQ-Pilotprojekt habe sich dagegen in mehrfacher Hinsicht als Erfolg erwiesen: Schon im Selbstbewertungsprozess, dem ersten Schritt des KTQ-Verfahrens, sei zwischen den beteiligten Leistungserbringern ein Klima der vertrauensvollen Zusammenarbeit und befruchtenden Kooperation entstanden. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt habe somit das Best-Practice-Modell gegriffen. Zudem hätten die Visitoren der KTQ-GmbH im Rahmen der zweitägigen Visitationen bei jedem der Leistungserbringer besonders auf die bereichs- und berufsgruppenübergreifende Erfüllung der Qualitätskriterien geachtet. Die KTQ-Zertifizierung belege somit die unmittelbare Versorgungsqualität in der Praxis des Rettungsdienstes, betonte Dr. Brodermann (Details zum Projekt: das Krankenhaus 08/2013).
Zu dem gleichen Schluss kamen vor einem anderen Hintergrund auch drei weitere Referenten des 13. KTQ-Forums, Frédéric Bruder (Geschäftsführer der ADAC-Luftrettung gGmbH), Generalarzt Dr. Michael Zallet (Chefarzt des Bundeswehrzentralkrankenhauses Koblenz) sowie Dr. Thomas Schlechtriemen (Leiter Med. Qualitätsmanagement der ADAC-Luftrettung gGmbH) stellten in ihrem gemeinsamen Vortrag die erfolgreiche Zusammenarbeit von Bundeswehr und ADAC in der Luftrettung vor, die kürzlich mit dem KTQ-Zertifikat für die Luftrettungsstation „Christoph 23“ ausgezeichnet wurde. Die Zertifizierung sei „Ausdruck der seit 1999 gelebten zivil-militärischen Zusammenarbeit“, betonten die Referenten. Die ADAC-Luftrettung stellt dabei Hubschrauber und Piloten, das Bundeswehrzentralkrankenhaus Ärzte und Rettungsassistenten. Bruder, Dr. Zallet und Dr. Schlechtriemen belegten anhand zahlreicher Daten und Fakten, dass der hohe gemeinsame Qualitätsanspruch mehr als eine Worthülse ist.
Von den komplexen internen Strukturen der Gesundheitsversorgung bei der Bundeswehr hatte zuvor Oberfeldarzt Dr. Christian Zechel vom Bundesministerium der Verteidigung, Abteilung Führung Streitkräfte (FüSK), berichtet. Sein Vortrag zeigte anschaulich die sektorenübergreifende Vernetzung zwischen eigenen Leistungserbringern der Bundeswehr und ihren externen Kooperationspartnern. Zudem ging er auf die Herausforderungen der Bundeswehr als einer Institution ein, die sich derzeit in einer Phase der Neuorientierung befindet.
Internationale Kooperation
Die KTQ-GmbH hat nunmehr einen internationalen Zweig. Eine erfolgreiche Kooperation besteht bereits mit dem Tongji Hospital in Wuhan in Zentralchina, Provinz Hubei. Das Tongji Hospital ist eine große chinesische Universitätsklinik, die bereits 1900 von dem deutschen Arzt Erich Paulun in Shanghai gegründet und später nach Wuhan verlegt wurde. Prof. Dr. Chen Anmin, Präsident des Tongji Hospitals, war mit einer Delegation eigens aus China angereist, um beim 13. KTQ-Forum von den Erfahrungen mit der Implementierung des KTQ-Modells und der KTQ-Zertifizierung seines Hauses zu berichten. Er lobte insbesondere die Praxisorientierung des KTQ-Verfahrens und würdigte die herausragende Zusammenarbeit. Diese werde mit der Gründung des KTQ-Tongji-Campus in Wuhan weiter ausgebaut, um die Verbreitung des KTQ-Verfahrens in China und im gesamten asiatischen Raum voranzubringen.
Im Anschluss an den Vortrag von Prof. Chen Anmin erläuterte Angelika Köster vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Referat für bilaterale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Gesundheitswesens, die Entwicklung der gesundheitspolitischen Kontakte zwischen Deutschland und China. Sie unterstrich das Interesse des BMG an der guten Zusammenarbeit zwischen der KTQ und dem Tongji Hospital. Köster würdigte die Anstrengungen von Prof. Chen Anmin und seinen Mitarbeitern, sich in der Klinik mit dem KTQ-Verfahren zu beschäftigen. Das große Engagement und der Wille, sich mit den Standards in Deutschland auseinanderzusetzen, seien vorbildlich, so die Referentin.
Qualifizieren und Standardisieren
Eine institutionelle Neuorientierung der ganz anderen Art nahm Frank Müller, Pflegedirektor der Rheinhessen-Fachklinik Alzey in den Blick. Als Reaktion auf die sich verändernden Anforderungen im Arbeitsfeld Psychiatrie hat der Träger der Rheinhessen-Fachklinik Alzey, das Landeskrankenhaus (AöR), zusammen mit dem Pfalzklinikum (AdÖR) die Finanzierung einer Stiftungsprofessur an der Katholischen Hochschule Mainz übernommen. Perspektivisch sollen damit die bereits bestehenden Studienangebote im Bereich „Gesundheit und Pflege“ erweitert werden. Frank Müller stellte hierzu als „Zukunftsvision“ ein dreistufiges Aus- und Weiterbildungssystem vor: Auf die Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger folgt der Bachelor of Science „Gesundheit und Pflege“ mit dem Schwerpunkt Psychiatrie, an den wiederum optional ein Master of Science „Psychiatrische Versorgung“ anschließt. Damit würden wichtige neue Qualifikationsprofile für den stationären und nichtstationären Bereich geschafften, so Müller.
Um einheitliche Standards, mit denen sich Geschäftsprozesse im Gesundheitswesen transparenter und effektiver abwickeln lassen, ging es im Vortrag über „Standards zur Unterstützung von E-Commerce im Gesundheitswesen“. Dazu sehen sich die Wissenschaftler Behandlungsverläufe im niedergelassenen Bereich und in den Krankenhäusern an. Der Leiter des gleichnamigen Projektes an der Hochschule Niederrhein, Lasse van de Sand, präsentierte den aktuellen Stand der laufenden Arbeiten. Im Kern ging es darum, wie sich die diversen im Gesundheitswesen gebräuchlichen Identifikations-, Klassifikations-, Transaktions- und Prozess-Standards vernetzen und harmonisieren lassen, um übergeordnete E-Commerce-Lösungen zu ermöglichen.
RĂĽckblick und Vorschau
Bereits eingangs hatte KTQ-Geschäftsführerin Gesine Dannenmaier betont, wie groß die Bedeutung des Schwerpunktthemas „Vernetzung im Gesundheitswesen“ für die unmittelbare Arbeit der KTQ-GmbH ist. Das Interesse an den noch jungen Angeboten der Verbund- und Vernetzten Zertifizierung steige zusehends. Dass die KTQ-GmbH damit auf dem richtigen Weg ist, unterstrich Martin Ködding, Geschäftsführer des Klinikums Bad Hersfeld. In seinem Vortrag über „10 Jahre KTQ: Von der Klinik- zur Verbundzertifizierung“ zeichnete er die positiven Erfahrungen seines Hauses mit den verschiedenen Formen und Entwicklungsstufen des KTQ-Verfahrens nach. Mit KTQ sei es möglich, berufsgruppen- und fachübergreifend in einer QM-Sprache zu kommunizieren, betonte Ködding. Die KTQ-Gesellschafter forderte er auf, sich im Namen der Einrichtungen für eine Harmonisierung der Zertifizierungen in den einzelnen Fachdisziplinen einzusetzen. Die zurzeit akut vorhandene „Zertifizitis“ binde enorme Ressourcen und führe eher weg vom Gesamtkonzept Qualitätsmanagement in einer Einrichtung, so Ködding.
Ein Vortrag des Zukunftsforschers Erik Händeler zur Entwicklung des Gesundheitsmarktes rundete das KTQ-Forum ab. Dr. Bernd Metzinger, Geschäftsführer des Bereichs Personalwesen/ Krankenhausorganisation der DKG, zugleich Vorsitzender des KTQ-Gesellschafterausschusses und Moderator des Forums, lud abschließend zum nächsten KTQ-Forum ein: Er freue sich auf ein Wiedersehen am 24./25. Oktober 2014 in Berlin.
Quelle: das Krankenhaus, 12/2013, S. 1333-1335.