KTQ® im Pressespiegel
2018/11 - Das Krankenhaus:
18. KTQ-Forum - Mehr Personal = mehr Qualität?
Mehr Personal = mehr Qualität? Diese Frage durchzog die spannenden Vorträge und intensiven Diskussionen des 18. KTQ-Forums am 19. Und 20. Oktober 2018, zu dem rund 200 Teilnehmer, Experten aus KTQ-zertifizierten Einrichtungen, Visitoren und Teilnehmer an Pilotprojekten nach Berlin gekommen waren. Vor allem die Frage: Wie Personal gewinnen – und halten? bewegt die Praktiker aus den Krankenhäusern.
Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK Gesundheit, sprach in seinem Impulsvortrag über Probleme der Personalgewinnung: Um dieses Problem angesichts knapper Ressourcen auf dem Arbeitsmarkt zu lösen, sei eine klare Definition notwendig, wer in der Klinik und in der Pflege welche Aufgaben übernimmt.
In den aktuellen Pflegepersonaluntergrenzen – ab Januar 2019 wird es Pflegepersonaluntergrenzen zunächst für vier pflegeintensive Krankenhausbereiche geben – sieht Storm ein „vermintes Feld“: „Plötzlich waren sie schneller da, als selbst Befürworter sich erhofft hatten.“
Vor allem aber die Ausgliederung der Pflegepersonalkosten aus dem DRG-System sieht der Krankenkassenvorstand kritisch: „Das bedeutet eine Rückkehr zum SelbstkostendeckungsÂprinzip, wobei alles an Personalkosten samt Tarifsteigerungen von den Kassen bezahlt wird.“ Dieses System zerstöre jeden Anreiz zu wirtschaftlichem Handeln. „Ein Irrweg mit fatalen Folgen!“ So würde Kliniken der Anreiz gegeben, alle möglichen Tätigkeiten auf das Pflegebudget zu verlagern, fürchtet Sturm.
Die Politik könne derzeit leicht Pflegepersonaluntergrenzen und deren Finanzierung durch die Kassen versprechen. „Es wird nicht relevant, weil der Arbeitsmarkt das gar nicht hergibt“, so Sturm. „Aber was ist in vier Jahren?“ Gerade sei der Beitrag zur Pflegeversicherung angehoben worden. „Mittelfristig wird es eine vergleichbare Anhebung in der GKV geben. Pflegepersonaluntergrenzen werden sehr schnell beitragsrelevant – auch über 0,5 Prozentpunkte hinaus.“
Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der der DAK Gesundheit prophezeit Beitragssteigerungen in der GKV als Folge des Pflegesofortprogramms.
Politik und Akteure im Gesundheitswesen müssten schauen, wie die Situation in der stationären Versorgung in Bezug auf Personal und Versorgungsqualität verbessert werden kann. Zu überdenken sei vor allem die Investitionskostenfinanzierung: Das System der Finanzierung durch die Länder sei gescheitert. Hier müsse der Bund aus Steuermitteln Lücken füllen, damit die Investitionskostenfinanzierung der Krankenhäuser nicht mehr von der Wirtschaftskraft der einzelnen Länder abhänge. Die Krankenhausplanung der Länder müsse nach klaren, einheitlichen Vorgaben geschehen. „Krankenhausplanung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, so Sturm, der sich dafür eine stärkere Rolle der Krankenkassen wünscht.
Martina Henke, Leiterin des Konzernbereichs „Unternehmensstrategie Pflege“ der Sana Kliniken AG, erklärte die Strategien der Sana Kliniken, Personal zu gewinnen – und zu halten. Dazu gehören Angebote von horizontalen und vertikalen Karrieremöglichkeiten und Investition in Ausbildung und Prüfung von förderungsfähigen Maßnahmen PpSG, u. a. für den Theorie- Praxis-Transfer. Auch sollten lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodellen stärker berücksichtigt werden, Dienstpläne familienfreundlich gestaltet sein. Mit dem Sana Managementprogramm Pflege werden seit 2017 Führungskräfte für das mittlere Management in der Pflege gezielt gefördert und gewonnen. Zudem haben die Sana Kliniken die Zahl der Auszubildenden innerhalb von drei Jahren um fast 20 % gesteigert. Gewonnen werden Nachwuchskräfte unter anderem mit unkonventionellen, frischen Aktionen wie die der örtlichen Kampagne-Pflege Klinikum Berlin-Lichtenberg mit frechen T-Shirts („Ich steh auf die 70er“ oder „Bist du nachts auch nicht gern allein?“) oder die überregionale Pflegekampagne „Sana + ICH“.
Henke empfahl zudem den beschleunigten Einsatz digitaler Unterstützungssysteme zur interprofessionellen Nutzung für eine strukturelle Verbesserung der stationären Versorgung.
Die Teilnehmer besonders zu beeindrucken wusste Nicole Kobjoll, Geschäftsführerin des Hotels Schindlerhof in Nürnberg. Das Familienunternehmen wurde mehrfach mit dem ersten Platz im Wettbewerb „Great Place to Work“ ausgezeichnet. Können Krankenhäuser von der Gastronomie lernen? Wie die Mitarbeiterbindung trotz hoher Arbeitsbelastung gelingen kann, schon. „Wichtig ist: Die Mitarbeiter müssen sich der Wertschätzung sicher sein.“ Auch Kritik ist im Schindlerhof ausdrücklich erwünscht: Nur so könnten Fehler und Missverständnisse ausgeräumt werden. Und im Umgang mit Patienten? Für gute Stimmung unter den Hotelgästen sind im Schindlerhof „Herzlichkeitsbeauftragte“ zuständig.
KTQ-Award 2018
Den KTQ-Award 2018 erhielt das Klinikum Fürth „Führungsgrundsätze und -kultur am Klinikum Fürth im Zeichen von Positive Leadership“. Peter Krappmann, Heike Devrient und Sabrina Mais-Crüger nahmen die Auszeichnung entgegen. Das Klinikum Fürth ist ein Schwerpunktversorger der Region Nürnberg, Fürth, Erlangen mit 771 Betten und 14 medizinischen Fachabteilungen.
Zur Führungskultur der Klinik, die bereits zweimal das KTQ-plus-Verfahren durchgeführt hat, gehöre auch der Angehörige. „Auch die Rolle des Angehörigen steht bei uns im Mittelpunkt, zusammen mit den Patienten und den Mitarbeitern bildet er eine Einheit für unsere Führungskultur“, erläuterte Peter Krappmann, Vorstand des Klinikums Fürth. Der Fokus auf die Patienten-, Angehörigen- und Mitarbeiterzufriedenheit zugleich mache die Klinik zu einem Ort der positiven Begegnung.
Das Klinikum Fürth hat eine Vision als zielgebend entwickelt: Das Krankenhaus will Vorbild in Sachen Prozessoptimierung sein, sich als begehrter Arbeitgeber und als Ort der positiven Begegnung profilieren.
Den KTQ-Award 2018 erhielt das Klinikum Fürth „Führungsgrundsätze und -kultur am Klinikum Fürth im Zeichen von Positive Leadership“. Peter Krappmann, Heike Devrient und Sabrina Mais-Crüger nahmen die Auszeichnung entgegen.
„KTQ® Best Practice“-Projekte 2018
Als „KTQ® Best Practice“-Projekte wurden drei Kliniken geehrt. Die LVR-Klinik Köln wurde als „Krankenhaus der Kulturen“ beispielgebend im Bereich der interkulturellen Arbeit und Kompetenz ausgezeichnet. „Jeder Mensch ist wertvoll und hat Anspruch auf bestmögliche individuelle gesundheitliche Versorgung, unabhängig von Geschlecht, Alter, sozialer Herkunft, Sprache, Kultur, körperlicher oder geistiger Verfassung“, erklärten die Best Practice-Gewinner aus der Kölner Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, die dieses Thema aus ihrem Leitbild in der täglichen Arbeit lebt. Die Klinik hat die Kultursensibilität fest in das Qualitätsmanagement integriert – und ist genau dafür ausgezeichnet worden.
Die Themen reichen von interkulturellen Audits über eine siebensprachige Patientenbefragung bis hin zu Deutschkursen für Patienten. Der Integrationsbeauftragte der Klinik, Dr. Ali Kemal Gün, betätigt: „Über ein Drittel unserer Patientinnen und Patienten haben einen Migrationshintergrund. In einer multikulturellen Stadt wie Köln ist es wichtig, die psychiatrische Versorgung der Menschen an deren Bedürfnisse anzupassen – Verständigung ist hier der erste Schritt.“
Die LVR-Klinik Köln wurde als „Krankenhaus der Kulturen“ zum „KTQ® Best Practice“-Projekt gekührt. Dr. Nicola Herbig, Qualitäts- und klinische Risikomanagerin, und Dr. Ali Gün, Integrationsbeauftragter der LVR-Klinik Köln, mit der Urkunde.
Auch das österreichische Krankenhaus Güssing wurde als „KTQ® Best Practice“-Projekt ausgezeichnet für das Projekt „Zielvereinbarungen zur Förderung der intrinsischen Motivation“. Die Ziele werden im Krankenhaus Güssing vom Team selbst formuliert. „Dies führt zu einer hohen Motivation und Identifikation mit der Thematik“, so Bianca Puntigamm. Das Arbeiten mit Zielvorgaben stelle die These vom Zusammenhang zwischen mehr Personal und mehr Qualität in Frage:„Entscheidend ist nicht die Anzahl der Mitarbeiter, sondern was sind diese bereit, an Leistung, Motivation, Engagement etc. einzubringen.“
Als drittes KTQ® Best Practice“-Projekt wurden die Heiligenfeld Kliniken GmbH, mit ihrem Ansatz „Qualitätsmanagement: 100 % Durchdringung durch kontinuierliche Mitarbeiterveranstaltungen“ ausgezeichnet. Joachim Galuska, Vorsitzender der Geschäftsführung der Heiligenfeld Kliniken GmbH, beschreibt den Weg zur Exzellenz als Austarieren zwischen zwei Kräften: Der Reife der Kultur, die von Emphatikern des Erfolgs vorangetrieben wird, und der Reife der Struktur, die von den Methodikern des Erfolgs befördert wird.
Aus das Krankenhaus Güssing/Österreich wurde für das Projekt „Zielvereinbarungen zur Förderung der intrinsischen Motivation“ als „KTQ® Best Practice“-Projekt geehrt.
Auch das Klinikum Heiligenfeld GmbH freut sich über die Auszeichnung ihres Projektes zum „Qualitätsmanagement: 100 % Durchdringung“ als KTQ® Best Practice“-Projekt.
Quelle: das Krankenhaus, 11/2018, S. 1073-1075.