KTQ® im Pressespiegel
2009/12 - Das Krankenhaus: Zertifizierung
9. KTQ-Forum "Wandel im GesundÂheitswesen": Sektorübergreifende Qualitätssicherung im Fokus
Wie die Krankenversorgung wird auch die QualitätsÂsicherung zuÂnehmend sektorenübergreifend organisiert. Diesen Trend hat die Kooperation für TransÂparenz und Qualität im Gesundheitswesen (KTQ®) erkannt. Beim 9. KTQ-Forum unter dem Motto „Wandel im GesundheitsÂwesen“ Anfang November 2009 in Berlin präsentierte KTQ® daher wegweisende ProÂjekte aus diesem Bereich.
„Qualitätssicherung macht heute nicht mehr an den Grenzen der SektoÂren halt“, so die grunsätzliche FeststelÂlung des derzeitigen Vorsitzenden der KTQ-Gesellschafterversammlung, Dr. Bernd Metzinger. Er wies zum Auftakt der Veranstaltung darauf hin, dass die KTQ® den veränderten Rahmenbedingungen gerecht werde, indem sie sich stärker als bisher an Behandlungspfaden der Patienten statt an institutionellen Grenzen orientiere. Als Beispiel dafür nannte der Geschäftsführer in der DKG das Pilotprojekt der KTQ-Zertifizierung für Verbünde und Netze , das noch bis 2010 läuft. „Damit wird erstmals der traÂditionelle Zertifizierungsansatz bezogen auf die verbindliche Einbeziehung aller Klinikbereiche verlassen“, so Metzinger.
Neue Zertifizierungsverfahren für VerÂbünde und vernetzte Zertifizierungen
„Wenn ein Krankenhaus mit einem MVZ kooperiert, entsteht eine engere AbstimÂmung in den Abläufen, es gibt kürzere Wege und veränderte Informations- und Handlungsstränge. Diese EffizienzsteiÂgerung gilt es darzustellen“, erläuterte KTQ-Geschäftsführerin Gesine DannenÂmaier das neue, sektorenübergreifende Qualitätssicherungs-Konzept der KTQ®. Gerade in Zeiten knapper Kassen werde es wichtig, Synergieeffekte zu nutzen und zugleich bei der Qualität an einem Strang zu ziehen. Derzeit noch in kleinem Rahmen können sich Netze aus Krankenhäusern und Rehakliniken bzw. aus dem Bereich der Pflege oder aus Krankenhäusern und MVZ oder ArztÂpraxen gemeinsam zertifizieren lassen. Das Zertifizierungsverfahren wird laut Dannenmaier als Einzelfall beantragt und umfasst einen Zeitraum von sechs Wochen mit Begleitung der KTQ-VisiÂtoren.
Noch in der Pilotphase befindet sich das Verbundzertifikat der KTQ®. Dabei werden mehrere Standorte in allen KTQ-Bereichen zertifiziert. Das Verfahren kennt allerdings Grenzen bei der Anzahl der Standorte. Drei bis vier seien mögÂlich, 50 nicht, so Dannenmaier. Die Standorte der Trägereinrichtung müssen dazu ein gemeinsames QualitätsmaÂnagement nachweisen. Dieses VerbundÂzertifikat soll nach den Angaben der KTQ-Geschäftsführerin die FührungsÂebene entlasten. Das operative Verfahren muss bis ca. September 2009 abgeschlosÂsen sein, damit das ZertifizierungsverÂfahren bis Ende 2010 komplett ist. DerÂzeit befinden sich fünf Verbünde im Krankenhausbereich in diesem Zertifizierungsverfahren, zehn Anfragen gebe es von Praxen und MVZ sowie aus dem Bereich der Pflege. Das erste VerbundÂzertifikat wurde während der VeranstalÂtung an die Kreis-Senioreneinrichtung Rendsburg-Eckernförde mit drei PflegeÂheimen im Norden Deutschlands überÂreicht.
Insgesamt hat die KTQ® inzwischen mehr als 1 000 Zertifikate vergeben, daÂvon alleine 500 seit 2007. Dies spricht laut Dannenmaier für eine „große AkÂzeptanz“, ebenso die hohe Anzahl von mehr als 500 Rezertifizierungen. Deutlich werde daran, dass der Nutzen des Zertifizierungsverfahrens im alltägliÂchen Betrieb den Aufwand überwiege. Außerhalb des Krankenhaussektors sind inzwischen 53 Arztpraxen, 32 RehakliniÂken und 27 Pflegeeinrichtungen KTQ-zertifiziert. Für Praxen und MVZ gibt es ein vereinfachtes elektronisches QM-Verfahren unter dem Titel eQMB, das die KTQ® in Zusammenarbeit mit q3 entwickelt hat. Den Kliniken werden mit dem Angebot der KTQ-Zertifizierung einzelner Organisationseinheiten, zum Beispiel Brustzentren oder bettenfühÂrenden Kliniken einer UniversitätsskliÂnik, weitere Gestaltungsmöglichkeiten im Zertifizierungsprozess ermöglicht. Neu entwickelt wurde ein KTQ-Produkt in Zusammenarbeit mit der Firma ROG zur Thematik der Sicherheit bzw. KranÂkenhausalarmplanung mit dem Titel KTQ-Sicherheit/ROGSI, mit dem das Vorgehen im Alarmfall systematisch zuÂsammengefasst wird. Neu ist auch, dass die KTQ-Akademie im Bereich des VisiÂtorentrainings nicht mehr nur für FühÂrungskräfte, sondern auch für QM-BeÂauftragte und weitere Interessierte aus dem Gesundheitswesen geöffnet ist. ErÂweitert wurde das Angebot der KTQ-Akademie um Fortbildungen in den Bereichen QMs, Kommunikation, KennÂzahlen und Messungen sowie ProduktÂschulungen.
KTQ-Awards für beispielhafte Kooperationen
Kooperationen über die Grenzen einÂzelner Einrichtungen hinweg waren das Thema bei der Verleihung des KTQ-Awards. „Wenn der Markt eine grundlegende Neuorientierung erforÂdert, ist Kooperation entscheidend“, so die Vorsitzende des KTQ-GesellschafÂterausschusses, Mechthild Mügge. AnÂlässlich der Preisverleihung an die beiÂden Einrichtungen, die von der Jury wegen ihrer beispielhaften externen Kooperationen ausgewählt wurden, äuÂßerte Mügge die „feste Ãœberzeugung, dass patientengerechte Versorgung nur noch gelingen kann, wenn wir koopeÂrieren“.
Ausgezeichnet wurde das WirbelsäulenÂzentrum Marburg.
Es ist von einer neuÂrochirurgischen Einzelpraxis innerhalb von zehn Jahren dank zahlreicher Kooperationen zum zentralen Anlaufpunkt für Rückenschmerzpatienten in MarÂburg und Umgebung gewachsen. Neben dem Diakonissenkrankenhaus ist auch die Uniklinik Kooperationspartner. Zwei weitere Kliniken kommen in diesem und im nächsten Jahr hinzu. 77 physioÂtherapeutische Praxen und fünf radioloÂgische Institute zählen zu den Partnern. Außerdem hat das Zentrum IntegratiÂonsverträge mit verschiedenen KrankenÂkassen abgeschlossen. „Ab 2007 war eine Strukturdichte erreicht, die eine ZertifiÂzierung nötig machte, um die StruktuÂren transparent darzustellen“, erläuterte Dr. Thomas Kuhn, einer der vier Ärzte des Zentrums. Er zeigte sich überzeugt, dass die Fortführung der IntegrationsÂverträge, die alle fünf Jahre erneuert werden, nur mit einem Qualitätsnachweis zu erreichen sein wird. Diesen Nachweis sehen er und sein Praxiskollege Dr. Heiko Mewes im KTQ-Zertifikat. Als zusätzlichen Vorteil des Zertifi zierungsÂverfahrens betrachtet Mewes die fortÂgeschrittene Standardisierung von AbÂläufen, zum Beispiel bei der An- und Abmeldung von Patienten.
Der zweite KTQ-Award ging an die AmÂmerland-Klinik GmbH in Westerstede.
In einer ländlichen Region pflegt das akademische Lehrkrankenhaus der Uni Göttingen mit 343 Betten eine „bundesÂweit einmalige Kooperation mit einem Bundeswehrkrankenhaus“, so GeschäftsÂführer Dietmar Imhorst. Mit Hilfe exÂterner Partner könne das Haus ein Brustzentrum vorhalten, das die QualiÂtätsanforderungen des G-BA erfülle. KoÂoperationen pflegt die Ammerland-KliÂnik unter anderem mit zahlreichen RetÂtungsdiensten und Selbsthilfegruppen sowie mit einer Notfallpraxis der KV, die auf dem Klinikgelände eröffnet wurde. „Das KTQ-Modell enthält alle wesentÂlichen Ansätze und Instrumente einer optimalen Krankenhausführung. InsoÂfern ist es hilfreich, sowohl die strateÂgische Planung als auch das operative Geschäft auf diese Struktur auszurichÂten“, so Imhorst. Er schätzt vor allem die Module zur Mitarbeiter- und PatientenÂorientierung. Nach dem KTQ-Zertifikat für die gesamte Klinik hat die AmmerÂland-Klinik auch einzelne medizinische Zentren der KTQ-Zertifizierung unterÂzogen. In der Planung ist eine Zertifi zieÂrung des Prostata- und des onkoloÂgischen Zentrums.
Qualitätsmanagement als „Zeichen der Zeit“
Wie in jedem Jahr hat das KTQ-Forum neben zahllosen praktischen Beispielen und Informationen, die am Nachmittag in einer Fülle von Workshops erläutert wurden, den Praktikern auch GelegenÂheit zur theoretischen AuseinandersetÂzung mit dem Thema QualitätssicheÂrung gegeben, dieses Mal unter dem aktuellen Stichwort „Wandel im GesundÂheitswesen“. Anregungen zum NachÂdenken lieferte Prof. Heinz Lohmann, Vorsitzender der Initiative GesundheitsÂwirtschaft und Geschäftsführer der Beratungsfirma Lohmann Konzept GmbH. „Wir sind in einem EntwicklungsproÂzess, der die Transparenz stärkt“, sagte Lohmann. Er verwies auf die wachsende Zahl von gedruckten Klinikführern und Patientenforen mit Bewertungen im InÂternet. Diese Entwicklung zeige, dass sich das Gesundheitswesen zunehmend vom expertendominierten AnbieterÂmarkt zum Nachfragemarkt wandle. Die Patientensouveränität steige und damit das Bewusstsein, dass nicht alles Wünschenswerte gezahlt wird, aber auch die Bereitschaft, selbst in Gesundheit zu inÂvestieren. „Sich stärker auf die BedürfÂnisse der Menschen zu orientieren“ ist für Lohmann „ein Gebot der Stunde“.
Wünsche der Patienten als „Treiber“ im Gesundheitswesen
Der Wandel im Gesundheitswesen werÂde künftig von den Wünschen der PaÂtienten angetrieben. Deshalb müsse die Patientenperspektive ein wesentlich stärÂkeres Gewicht erhalten. Qualität werde bisher von denen gedacht, die GesundÂheit produzieren, die PatientenperspekÂtive dagegen sei bisher vernachlässigt worden. Während Experten institutionell dächten, suchten Patienten vorrangig durchgängige Lösungen. Daher nehme die Prozessorientierung zu. Lohmann prognostizierte das Entstehen von AgenÂturen, die Pauschalreiseanbietern verÂgleichbar sind. Eine sogenannte „Gesundheits-TUI“ könnte Angebote von Leistungsanbieterseite zu komplexen, alle Sektoren umfassenden PauschalanÂgeboten kombinieren und sie den 50 bis 100 verbleibenden Krankenkassen verÂmitteln, so die Zukunftsvision des früheren Krankenhausmanagers. Auf diese Weise entstünde eine „strukturierÂte Medizin“. Die Menschen würden dann kein isoliertes Krankenhaus ausÂwählen, sondern ein bereits strukturierÂtes „Pauschalangebot“, das ihnen am meisten zusage. „In zehn Jahren wird auch strukturierte Markenmedizin zertiÂfiziert“ – lautete Lohmanns Voraussage zur Zukunft der KTQ®.
Angela Mißlbeck
Quelle: das Krankenhaus, 12/2009, S. 1221-1223.